End­lich wie­der an Land!

Auf den Schif­fen der Men­schen ist man schon sehr gefan­gen. Sie sind klein und beengt. Es ist schon nicht wie­der erstaun­lich, dass die Händ­ler­aben­teu­rer der Elben das Meer mit rie­si­gen Schif­fen berei­sen, auf denen sich klei­ne Hai­ne anpflan­zen las­sen und wo sich Elben auch bewe­gen kön­nen. Natür­lich wäre so ein Schiff aller­dings über­di­men­sio­niert für einen Küs­ten­schif­fer und hat­ten wir die letz­ten Tage eben auf einem klei­nen Men­schen­schiff verbracht.

Die Heu­er brann­te uns Löcher in die Tasche und so war unser ers­tes Ziel das „Gorneck“, eine klei­ne gemüt­li­che Taver­ne am Hafen­tor, die sau­be­re Krü­ge und bemüh­te Schank­jun­gen und ‑mäg­de hat. Fer­gus, Wal­ter und Wie­gand schüt­te­ten sich nach den Tagen der Ent­beh­rung ein paar Hum­pen Bier her­un­ter, wäh­rend Calan und ich uns an dem Tafel­wein die­ses Wirt­hau­ses versuchten.

Es war ein son­ni­ger und war­mer Früh­lings­tag im schö­nen Won­ne­mo­nat und den­noch zog eine Käl­te auf, die uns anfäng­lich nicht auf­fiel, da wir in der Erin­ne­rung an den Win­ter jeder­zeit mit einer fri­schen Bri­se rechneten.

Stut­zig wur­den wir erst, als wir uns dabei ertapp­ten den Wirt auf­ge­for­dert zu haben das Kamin­feu­er anzu­schü­ren. Wal­ter war einer der ers­ten, der einen Blick auf die Stra­ße ris­kier­te. Die Men­schen dort beweg­ten sich in Rich­tung Hafen­be­cken um dort irgend­ei­nem Schau­spiel Zeu­ge zu werden.

Auch ich ris­kier­te einen Blick und vor allem ein Ohr, um fest­zu­stel­len, was denn dort selt­sa­mes vor sich ging. Ich konn­te eine Glo­cke und Schreie hören und wuss­te, dass irgend­et­was schreck­li­ches pas­sie­ren wür­de. Also rief ich mei­nen Freu­den zu sie mögen sich bereit machen und sprin­te­te zum Hafen, um mir einen Über­blick zu verschaffen.

Auf einer der Inseln konn­te ich einen Tumult aus­ma­chen, so rich­tig ein­schät­zen konn­te ich die Situa­ti­on aber nicht, bis end­lich eine ver­mumm­te Gestalt mit einer Glo­cke auf einer der Stadt­brü­cken zu sehen war. Offen­bar hat­ten die Stadt­wa­chen die Gestalt auf die Brü­cke getrie­ben und nun jeweils die Zugangs­to­re geschlos­sen, so dass die Gestalt dort nun gefan­gen war.

Das muss­ten wir uns anse­hen. Ich rann­te also zurück, um mei­ne Freun­de zu holen und wir lie­fen zur Brü­cke, nur um fest­zu­stel­len, dass sich dort schon eine Grup­pe Schau­lus­ti­ger ver­sam­melt hat­te. In dem Getüm­mel konn­te man kaum etwas ver­neh­men, es wur­de aber behaup­tet, dass ein Infi­zier­ter von der Pest­in­sel zur Fes­te der Magie­re gehen woll­te, um vor einem Unheil zu war­nen, das man jen­seits der Pest­in­sel am Hori­zont aus­ma­chen konnte.

Es sol­le ein mys­te­riö­ser Nebel über dem Was­ser liegen.

Mei­ne Freun­de und ich ent­schlos­sen uns, die­ser Behaup­tung nach­zu­ge­hen und erklom­men unbe­merkt den höchs­ten Wach­turm auf dem Fest­land direkt am Hafen, von dem aus man weit über die Kauf­manns- und die Pest­in­sel hin­weg­se­hen konn­te. Tat­säch­lich konn­ten wir dort Nebel am Hori­zont aus­ma­chen und nach­dem sich mei­ne Augen an die gro­ße Ent­fer­nung gewöhnt hat­ten, konn­te ich einen Berg aus Eis inmit­ten des Nebels aus­ma­chen, in des­sen Inners­ten irgend­et­was dunk­les ein­ge­fro­ren war.

Es muss­te erst eini­ge Zeit ver­ge­hen, bis ich erken­nen konn­te, dass sich tat­säch­lich ein Begleit­schiff eines elb­i­schen Han­dels­rie­sen im Inners­ten die­ses Ber­ges aus Eis befand und das Eis krach­te und knarr­te unter der Früh­lings­son­ne, sodass das Schiff immer wei­ter frei­ge­legt wurde.

Wenn ich Begleit­schiff schrei­be, dann mag dies miss­ver­ständ­lich klin­gen. Ange­sichts der unvor­stell­ba­ren Grö­ße eines elb­i­schen Han­dels­rie­sen, ist so ein Bei­boot unge­fähr 70 bis 80 Meter lang. Kein Mensch­li­ches Schiff wird ohne wei­te­res die­se Grö­ße errei­chen, außer viel­leicht das Flagg­schiff der cata­ri­schen Marine.

Da der Koloss aus Schiff und Eis direkt auf die Stadt­mau­ern der Kauf­manns­in­sel zusteu­er­te, ent­schlos­sen sich die Her­ren von Gor­ne­mün­de das im Hafen lie­gen­de Kriegs­schiff aus­lau­fen zu las­sen, wohl damit die das Hin­der­nis entern und von Kurs abbrin­gen können.

Mitt­ler­wei­le rum­pel­te es an der Luke des Turms, da die Stadt­wa­che hier auf dem Fest­land wohl auch einen Blick auf das Spek­ta­kel wer­fen woll­te. Sie lie­ßen uns aller­dings gewäh­ren und so schau­ten wir uns das Schau­spiel gemein­sam an. Das Kriegs­schiff erreich­te das Geis­ter­schiff, schoss sei­ne Enter­ha­ken ab und dann geschah… nichts.

Ein selt­sa­mes Gefühl kam in uns allen auf, obwohl sich nichts erken­nen ließ, außer dass das Geis­ter­schiff wei­ter­hin Kurs hielt und dass die Segel des Kriegs­schiffs schlaff her­un­ter hingen.

Und dann geschah etwas selt­sa­mes. Ein ein­zel­ner Magi­er flog durch die Lüf­te hin zu den bei­den Schif­fen. Nor­ma­ler­wei­se stel­len die Magie­re ihre Küns­te doch nicht so zur Schau, klang es noch in mei­nen Gedan­ken nach, als der Magi­er plötz­lich magi­sches Feu­er auf die Schif­fe schleu­der­te und das mensch­li­che Kriegs­schiff plötz­lich lich­ter­loh brann­te. Der Magi­er dreh­te um, flog zurück zur Magier­fes­te und rief: „Bewaff­net Euch, bewaff­net Euch!!!“.

Was auch immer dort auf den Schif­fen gesche­hen war, spiel­te kaum mehr eine Rol­le, denn bei­de Schif­fe trie­ben wei­ter­hin auf die Kauf­manns­in­sel zu und es ging offen­sicht­lich eine Gefahr von ihnen aus.

Mei­ne Freun­de und ich rann­ten so schnell wir konn­ten Rich­tung Kauf­manns­in­sel. Die Stadt­wa­che for­mier­te sich und trab­te, fast panisch, in Rich­tung Insel und so rann­ten wir hin­ter ihnen her. Den Pest­kran­ken der auf der Brü­cke zwi­schen den Toren gefan­gen war, stie­ßen sie kur­zer­hand von der Brü­cke um Platz für die her­an­ei­len­den Wachen zu machen.
Als wir auf der Kauf­manns­in­sel anka­men, hör­ten wir Schreie und Tumult, vor lau­ter Rauch und Nebel konn­ten wir aller­dings kaum etwas erken­nen. Wir folg­ten einem Trupp Stadt­wa­chen hin­auf zur Stadt­mau­er, um mög­lichst schnell zu den Schif­fen zu gelan­gen und dort die Stadt zu verteidigen.

Wir rann­ten also die Stadt­mau­er ent­lang und konn­ten schließ­lich die Schif­fe ent­de­cken. Der Anblick, der sich uns bot, ließ mir das Blut in den Adern gefrie­ren. Unto­te Ske­let­te ström­ten aus dem alten Elben­schiff. Es waren unzäh­li­ge. Sie Lie­fen über den Bug­s­priet, der direkt in die Stadt­mau­er ein­ge­schla­gen war und vor dort aus ergos­sen sie sich unauf­halt­sam in die Stra­ßen der Kaufmannsinsel.

Ich konn­te kei­nen kla­ren Gedan­ken mehr fas­sen. Ske­let­te in einem Elben­schiff!!! Die Men­schen… die armen Menschen!!!
Es dau­er­te eini­ge Zeit, bis ich in der Lage war über­haupt wie­der einen kla­ren Gedan­ken zu fassen.

Die Unto­ten met­zel­ten alles nie­der, was sich auf der Kauf­manns­in­sel befand. Kin­der, Frau­en, Babys, Alte, Kran­ke, Män­ner… was auch immer in die Reich­wei­te ihrer kno­chi­gen Klau­en geriet, wur­de umge­bracht. Ich hof­fe bei den Ahnen, bei allen Göt­tern und bei den Altä­ren des Kul­tes, dass uns die armen Gefal­le­nen nicht bald als wei­te­re Unto­te entgegenstehen.

Die schie­re Mas­se an Ske­let­ten mach­te schnell klar, dass die­ser Kampf bereits ver­lo­ren war, noch bevor er über­haupt begon­nen hatte.

Die Stadt­wa­che war inner­halb kür­zes­ter Zeit dezi­miert und die paar Wach­ha­ben­den, die übrig geblie­ben waren, kamen schnell zu dem Ent­schluss, dass man die Kauf­manns­in­sel auf­ge­ben müs­se, um den Rest der Stadt ver­tei­di­gen zu können.
Die Kauf­manns­in­sel auf­ge­ben? Ich bin viel­leicht nicht in der Lage abschät­zen zu kön­nen, wie vie­le Men­schen denn nun eigent­lich auf der Kauf­manns­in­sel leben, aber es müss­ten doch meh­re­re Hun­dert, wenn nicht gar Tau­sen­de sein. Wie soll­te man die auf­ge­ben können?

Da wir offen­bar die letz­ten Wehr­fä­hi­gen in unmit­tel­ba­rer Nähe des Stadt­teil­to­res waren, wur­de uns die Auf­ga­be auf­ge­bür­det, zu ent­schei­den zu wel­chem Zeit­punkt wir das Stadt­teil­tor denn nun end­gül­tig schlie­ßen wol­len. Wir bezo­gen Stel­lung auf einem der Tor­tür­me und hiel­ten Aus­schau nach der Unto­ten Hor­de, wäh­rend ver­ein­zelt Flücht­lin­ge dem Tor ent­ge­gen rannten.

Mitt­ler­wei­le waren eini­ge Magie­re aus der Fes­tung mit Flug­zau­bern her­an­ge­eilt und brach­ten Feu­er und Zer­stö­rung über das Stadt­vier­tel. Feu­er und Explo­sio­nen, Angst- und Todes­schreie schall­ten uns auf unse­rem Turm ent­ge­gen, wäh­rend wir die letz­te Flucht­mög­lich­keit der Über­le­ben­den sicherten.

Und dann war es so weit. Erst sah ich eine Fami­lie her­an­lau­fen. Sie hat­ten ihre Kin­der auf dem Arm und lie­fen so schnell sie konn­ten hin­ter ihnen tauch­te aus dem Rauch der bren­nen­den Häu­ser ein Ske­lett auf. Dann noch eines und ein weiteres.

Unbe­son­nen erwähn­te ich, dass ich Ske­let­te sehen wür­de, wor­auf die letz­ten ver­blei­ben­den Wachen anfin­gen das Tor zu schließen.

Ver­dammt!!! Und die Kin­der? Mei­ne Freun­de und ich schoss also Pfei­le ab und konn­ten die Ske­let­te ver­nich­ten. Der Fami­lie lie­ßen wir ein Seil her­un­ter und konn­te die Kin­der zuerst und dann die Fami­lie ret­ten. Kaum hat­ten wir sie in die siche­re Höhe des Tur­mes geret­tet und lie­ßen unse­ren Blick auf die Stra­ße fal­len, konn­te wir sehen, dass sich mitt­ler­wei­le dut­zen­de Ske­let­te ein­ge­fun­den hatten.

Das Cha­os nahm kein Ende. Eine wei­te­re Grup­pe von Men­schen ver­such­te sich in eini­ger Ent­fer­nung gegen die Unto­ten Hor­den zu behaup­ten. Wir konn­ten kaum mehr etwas tun. Mei­ne Pfei­le waren wei­test­ge­hend auf­ge­braucht und die Men­ge an Unto­ten zwi­schen ihnen und uns war zu groß.

Es war Calan, der einen Och­sen­kar­ren ent­deck­te, des­sen Zug­tier auf­ge­bracht war, der sich aber nicht los­rei­ßen konn­te, da er fest­ge­bun­den war. Das war unse­re Chan­ce!!! Viel­leicht konn­ten wir doch noch etwas für die Men­schen tun. Wal­ter und Calan woll­ten mit Brand­pfei­len das Stroh auf dem Wagen anste­cken und ich soll­te die Zügel durch­schie­ßen, damit sich der Och­se befrei­en und durch die Ske­let­te durch­tram­peln kann.

Ich schoss also die Zügel durch, die Brand­pfei­le ver­fehl­ten aller­dings ihr Ziel.

Die oft unter­schätz­ten Halb­lin­ge sind immer da, wenn sie braucht. Und so hol­te Fer­gus sei­ne Schleu­der her­aus, lud einen Stein und feu­er­te ihn auf den Hin­ter des Och­sen, wor­auf­hin der sich end­gül­tig los­riss und eine Schnei­se in die Ske­let­te tram­pel­te. Die Men­schen sahen ihre Chan­ce und stürz­ten auf den Turm zu. Wir konn­te Sie alle retten.

Doch dann war die Zeit gekom­men, wo wir zuge­ben muss­ten, dass die­se Schlacht nicht durch eine Aben­teu­rer­grup­pe gewon­nen wer­den kann.

Es stürm­ten immer mehr Ske­let­te auf das Stadt­teil­tor zu… es war Zeit für den Rück­zug. Auf der Brü­cke hat­ten sich mitt­ler­wei­le Wachen und eini­ge Magie­re ein­ge­fun­den. Sie hat­ten Fäs­ser mit Schwarz­pul­ver dabei. In dem Augen­blick als wir auf ihrer Hohe anka­men, ent­zün­de­ten sie die Fäs­ser und schleu­der­ten sie ziel­los mit Hil­fe ihrer Magie über die Mau­ern und das Tor der Kauf­manns­in­sel. Sie leg­ten end­gül­tig die Insel in Schutt und Asche. Lau­tes Don­nern und Getö­se unter­mal­te unse­ren schand­vol­len Rück­zug. Die Bewoh­ner der Stadt Gor­ne­mün­de hat­ten ver­sagt. Die Kauf­manns­in­sel war ver­lo­ren und wird wohl zukünf­tig Todes­in­sel hei­ßen. Tau­sen­de Men­schen hat­ten ihr Leben ver­lo­ren und haben, wenn mei­ne Befürch­tun­gen wahr wer­den, ein Schick­sal der Unrast als Unto­te vor sich.

Das Kla­gen und die plötz­lich ver­stum­men­den Schreie derer, die es nicht von der Insel geschafft hat­ten, wer­den noch lan­ge in mei­nen Gedan­ken nachhallen.

Die Stadt war vol­ler Flücht­lin­ge. Wir hör­ten lau­tes Kla­gen und stil­les Wei­nen. Kin­der auf der Suche nach ihren Eltern und Müt­ter auf der Suche nach ihren Kindern.

Erstaun­li­cher­wei­se war gar nicht viel Zeit ver­gan­gen. Heu­te mor­gen noch war es ein schö­ner Früh­lings­tag und die Bewoh­ner der Stadt Gor­ne­mün­de gin­gen fried­lich ihrem Tage­werk nach, wäh­rend die Kin­der lachend und spie­lend durch die Gas­sen tob­ten. Nun war über­all nur noch Tod und Ster­ben, Kla­gen und Verzweiflung.

Wir kehr­ten zum „Gorneck“ zurück. Der Wirt hat­te mitt­ler­wei­le Flücht­lin­ge der ehe­ma­li­gen Kauf­manns­in­sel auf­ge­nom­men und es war bre­chend voll. Wir kamen trotz­dem bei ihm unter und so konn­ten wir uns in einer Ecke der Schank­stu­be von dem Grau­en erholen.

Mor­gens hör­ten wir Aus­ru­fer durch die Stra­ßen zie­hen. Da die Stadt­wa­che und die Magie­re der Fes­te wei­test­ge­hend getö­tet oder zumin­dest schwer ver­letzt waren, wur­de eine Miliz auf­ge­stellt. Eini­ge Stall­knech­te mit Heu­ga­beln fan­den sich auch tat­säch­lich ein. Es war ein schlep­pen­des Unter­fan­gen, das die Men­schen dort anstellten.

Es muss­ten also eini­ge mit gutem Bei­spiel vor­an­ge­hen. Es muss­ten eini­ge Hoff­nung ver­brei­ten, um so alle zu moti­vie­ren sich neu zu for­mie­ren und der Bedro­hung die von der Todes­in­sel aus­ging zurück zu schlagen.

Wir mel­de­ten uns also kurz­ent­schlos­sen frei­wil­lig und tra­ten der Miliz bei. Wenn sich nicht ein­mal bewaff­ne­te Aben­teu­rer frei­wil­lig mel­den, war­um soll­te sich der ein­fa­che Mann auf der Stra­ße dazu hin­rei­ßen lassen?

Comments

  1. Kampagnenlog – Die Wellenschlag – Orkpiraten on 07.13.2010

    […] gelebt. Zum Ver­gleich: In Gor­ne­münde, der Aus­gangs­stadt der Hel­den leb­ten vor dem Über­fall auf die Kauf­manns­in­sel 2000 […]

Leave a Reply