Verdammt!
Ein Held zu werden ist gar nicht so einfach, da will man Hexerei bannen und das Ergebnis ist ein gefallener Freund Kiirion.
Zurück von der Höhlenkeilerei am Inselufer bei unseren Booten versorgte mich Calar erst einmal, damit ich überhaupt in der Lage war zu denken. Calar sah auch angeschlagen aus, Fergus war ziemlich apathisch und die Seemänner sahen irgendwie verängstigt aus. Ich schaute zunächst nach Wigand, der weiterhin das Dorf beobachtete. Man konnte fast meinen, ihm eine gewisse Genugtuung anzusehen, er hatte ja vorher nicht mit in die Höhle gewollt, und nun haben wir den Salat!
Mein holdes Weib und der Sekretär schienen nach seinen Beobachtungen wenigstens immerhin noch am Leben zu sein, sie wurden allerdings in einem der Häuser bewacht.
Verdammt!
Zurück am Inselufer wollten die Seeleute einen Lagebericht. Den bekamen sie frisch auf den Tisch. Die Angst war ihnen anzusehen und sie begannen mit dem einen Boot wegzurudern, wer will es ihnen bei der Lage verdenken.
Genau in dem Moment erklang eine Stimme aus dem Wald, die sie aufforderte, sofort zurück zu kommen. Wigand war es nicht, auf uns zu kam ein Catarer in einheimischer Kleidung. Die Seeleute, abergläubisch wie sie waren, erkannten ihn als Magister Daube, waren aber überzeugt einen Geist zu sehen und flohen Hals über Kopf.
Instinktiv zog ich mein Schwert, denn hier auftauchende Personen müssen ja nicht mehr zwangsweise leben aber es war schnell klar, dieser war putzmunter. Erstaunlich, diesen Sturz in die Schlucht überleben nicht viele, aber vielleicht wollte Or-Koris es so.
Der Magister konnte glücklicherweise die einheimische Sprache und wurde nach kurzer Vorstellung über die Lage in Kenntnis gesetzt. Wir diskutierten, wie wir die Lady und den Sekretär heil aus dem Dorf bekommen könnten. Mit Hilfe einiger kleiner Gaben wie der Kavaknolle von Calar und dem Dewi Parvati Uma-Dolch von Fergus schaffte es der Magier, mit Banja Bakanas verhandeln zu können.
Als er wieder zu uns kam, hingen alle an seinen Lippen. Er sprach erstmal nur mit mir, aber ich rief selbst Wigand aus dem Wald hinzu, denn:
Es wäre möglich, sie heil zu bekommen, wenn Kirion die Rolle eines Ahnen für das Dorf Ber Tanuk annehmen würde.
Schweigen.
Calar erklärte uns, dass dies natürlich überhaupt nicht ginge, einen Freund als Untoten hier zu lassen und diese Hexerei ungeschoren zu lassen. Magister Daube verwies auf die Rolle der Alisia Pelz von Malizien in der Heimat. Ich hatte arge Probleme mir Kiirion als untoter Berater dieses Dorfes vorzustellen, am liebsten hätte ich die Hexerei auch endgültig ausgetrieben. Aber der Magister hatte nicht unrecht, was bei uns Hexerei war, schien hier eine von vielen Religionen zu sein. Außerdem — wenn wir die Lady erstmal heil in die Heimat geschickt haben kann man zur Not ja immer noch…
Wigand wies mich noch auf den Sinn meines Schwertes hin, das machte die Entscheidung nicht einfacher. Letztlich gab es keine Ideallösung, also wollte ich zumindest versuchen, ohne weiteres Blutvergießen hier wegzukommen.
Also ging ich mit dem Magister zurück ins Dorf. Leider wurde nur mir gestattet in die Höhle zu gehen, um Kirion von seiner neuen Funktion zu überzeugen. Ich hatte gehofft, der Magister dürfte mich begleiten. So stand ich vor einem Haufen Elend. Kiirion lang bewegungsunfähig da, war aber klar in seinen Gedanken. Ich blieb ehrlich und schilderte ihm unsere Lage sowie den Vorschlag der Einheimischen.
Verständlicherweise hatte er Probleme damit, Menschen und dann auch noch welchen, die der Hexerei anhingen als Berater dienen zu sollen, zumal ihm das Wichtigste genommen schien, das Leben, der Wald, dessen Gerüche und was ein Elb sonst noch am Leben hält. Im Laufe des Gespräches schien ihm aber der Gedanke, Menschen das Elbische näherzubringen mehr und mehr zu gefallen. Aber er fürchtete, dass es ihm auf Dauer nicht gefallen würde und wollte eine Rückzugsmöglichkeit. Also ging ich zurück ins Dorf und bat auf seinen Wunsch Banja Bakanas ihn zu besuchen.
Nun kam es darauf an, die Minuten dauerten Stunden und irgendwann kam der Dorfhexer wieder und sagte „Es gilt“. Schnell zogen wir mit meiner Frau und Sekretär Wolfarn ab. Der Rest der Reise in den Süden verging ereignislos. Glücklicherweise waren gerade beide Schiffe dort und nach kurzer Überzeugungsarbeit war meine Frau auch bereit, die Heimreise anzutreten anstatt bei uns an Bord zu gehen.
Nachdem die Wasserkrebse besiegt waren, sahen wir einander an. Calar erst einmal sich selber. Da hatte ihm sein Gott einen Streich gespielt. Das sein Spruch „Das Meer gibt, das Meer nimmt“ fast seinen zu frühen Tod gebracht hätte, muss ihm schlagartig bewusst geworden sein.
Jedenfalls plädierte er mit etwas zittriger Stimme dafür, dass wir uns erst einmal ins Freie zurückziehen sollten, um zu Kräften zu kommen. Da das vernünftig klang und ich ebenfalls angeschlagen war, nickte ich zustimmend. Auch Fergus hatte schon mal besser ausgesehen und eine deftige Mahlzeit war ihm sichtlich auch lieber als herumstreunende Untote mit Motten im Mund.
Die Diskussion dauerte allerdings länger, da Kiirion und Wigand meinten, damit wir hier alles gesichtet haben bevor der Kultritter kommt, sollten wir weiter hier drin bleiben. Unüberhörbare Geräusche schnitten unseren Meinungsaustausch ab, ich schaute um ein, zwei Ecken, was denn nun schon wieder für eine Teufelei sich geäußert hatte und musste feststellen, dass die Motten aus dem Glas, welches der Halbe im Kampf hatte fallen lassen müssen, bereits wieder für Untotennachschub gesorgt hatte.
Sieben fiese Skelette wandelten im Gang zum Ausgang umher und da ich im Schleichen noch nie eine Leuchte war und im Dunkeln schon gar nicht, hatten sie mich bereits endeckt — verdammt! Ich konnte gerade noch den Jungs eine Warnung zurufen, da kamen sie auch bereits auf uns zu. Irgendwer von uns rief von hinten sowas wie „Andersrum zum Ausgang“, jedenfalls hörte ich jemanden wegsprinten und nahm ebenfalls die Beine in die Hand.
Ein Schlag hätte mich sicher bereits dahingerafft und den anderen Verletzten wäre es bei der Übermacht auch schlecht ergangen. Irgendwas muss bei der Flucht schief gelaufen sein, denn vor mir lief nur Calar und normalerweise bin ich ja nicht gerade der Reaktionsschnellste. Also blieb ich im Parallelgang zum Ausgang erst einmal stehen um zu schauen, wo der Rest blieb und schwupp rannten Kiirion und Wigand an mir vorbei.
Nur den Halben konnte ich nicht entdecken und schon kamen die Skelette um die Ecke. Ich konnte nicht länger warten und lief den anderen hinterher hinaus ins Freie. Dort ging gerade die Sonne auf, ein bizarres Naturschauspiel nach der Hexerei und Dunkelheit dort drinnen. In meiner Seele allerdings war keine Sonne, ich frug hektisch ob jemand Fergus gesehen habe aber niemand wusste, wo er geblieben war. Es blieb nur die Hoffnung, dass er sich irgendwo hatte verstecken können. Calar wollte ins Dorf, um seine Vorräte für Verbände aufzufrischen, da kam ich gerne mit.
Die Wachen am Turm waren froh uns zu sehen, machten bei der Verletzung Calars aber doch große Augen und noch größere als wir erzählten, was wir erlebt hatten. Sie waren sehr nett und besorgten Calar alles Notwendige, so dass wir schnell zu den anderen zurückkehren konnten. Den Tag ruhten wir uns aus, während Kiirion darauf achtete, dass von drinnen nichts heraus kam, was da nicht hingehörte.
Frisch gestärkt und dank Calar auch frisch verbunden entschieden wir, wieder hinein zu gehen, um Fergus zu finden und den Rest anzusehen, irgendwo mussten doch Hinweise auf „Urias der Berg“ sein!
Der Versuch, sich vorsichtig durch die Gänge zu bewegen misslang leider, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als die Untoten im Kampf zu besiegen. Das gelang dank einiger Blattschüsse der Elben und einer passablen ersten Reihe mit Wigand und mir ohne größere Verletzungen. Mitten im Kampf tauchte auch unser vermisster Fergus wieder auf, sah allerdings nach einem Schlag eines Untoten nun auch nicht mehr viel anders aus, armer Junge!
Daher wollten wir uns eigenlich nach draußen begeben um uns von dieser Schlacht zu erholen. Kaum draußen hingelegt weckte Wiegand uns, da der Kultritter Kinsbane im Anmarsch sei und so mussten wir flugs wieder rein und liefen schnurstracks in den kleinen Raum mit Loch in der Decke und dem Raum oben, wo wir die Gläser mit Motten entdeckt hatten. Fergus hatte uns bereits von einer großen Halle am Ende des Flures berichtet. Nun nahmen wir sie selber in Augenschein.
Neben einer großen weiblichen Statue eines dieser fiesen Götter fanden wir auf einem Altar die sterblichen Überreste vom „Urias der Berg“. Er war also tatsächlich hier zu Tode gekommen. Ich konnte mir noch sein Schwert sichern, welches laut Fergus magisch ist. Ich war sehr stolz, ein Schwert eines solchen Helden zu tragen wenn mich auch sehr betrübte, dass dieser Held hier anscheinend dem Hexer Derkas Staubflügel unterlegen gewesen war.
Calar und Fergus durchsuchten die drei Kisten und Calar steckte nach dem Lesen einige Schriftrollen ein und sagte etwas von Abhandlungen über Seelen. Keine Ahnung, irgendein religiöser Kram anscheinend. Jedenfalls verbrannte er eine Rolle mit den Worten „Hexerei“, die der Halbe gelesen hatte und um eine weitere gab es Diskussionen. Keine Ahnung, anscheinend ist Schrift auch nicht so eindeutig, wie mir der Schiffsjunge immer erzählt hatte, der lesen konnte. In den Klamotten fand sich außer ein paar Kupferstücke nichts, was man noch hätte gebrauchen können, so dass wir eigentlich ziemlich ratlos waren.
Dann kam mit lauten Getöse der Kultritter Kinsbane mit seinem Knappen Oeric, der Magierin Nemise Mephista und dem Paladin Sir Khan. Während der Paladin uns zeigte, wie man dieser bösen Statue die Fiesheiten austreibt sprach der Kultritter von oben herab als wenn er hier alles vollbracht hätte. Allerdings schien auch er etwas ratlos, was mich doch ein wenig freute. Nachdem Einhelligkeit herrschte, dass Urias der Berg hier im Ort begraben werden sollte, fanden Fergus und die Magierin noch heraus, dass in der einen Kiste mit den Glasflaschen eine Honig enthielt der nur aus Bataar stammen konnte, weil der statt süß sauer war. Muss ein komischer Kontinent sein, wo sogar der Honig nicht schmeckte!
Jedenfalls gingen Kultritter und Gefolge während Wigand in aller Ruhe seine Laterne nahm, sie anzündete und zur Decke hielt. Während mir der Atem stockte sahen wir einen Sternenhimmel an der Decke, fast wie auf dem Elbenschiff in Gornemünde! Calar zeichnete die Sternenstellung ab während Wigand vermutete, dass die Sternenstellung derer auf Bataar entsprechen müsste. Allerdings konnte Calar uns erklären, dass die Sternstellung dafür sorgt, dass der Erzengel Drekon die Seelen der Toten von hier nicht abholen könne.