15
Mrz
…schon zwei Heldengruppen hatten innerhalb kürzester Zeit das Dorf erreicht und die Prüfung bestanden. Unter den Dorfbewohnern war eine intensive Diskussion im Gange, welches Vorgehen wohl das Edlere war: Einer Konfrontation mittels Heimlichkeit und nächtlichem Schleichen aus dem Weg zu gehen, oder im Zweifelsfall für das eigene Vorhaben und das Wohl Aller mit der Waffe in der Hand einzustehen?
Gerade wollte Orrlof Rabenzeh darauf hinweisen, dass die Gruppe um den Priester ja wenigstens sicher niemanden verletzen wollte, da ertönte der Warnruf vom Wachturm: Sir Kinsbane und die Seinen verließen gerade die Höhle!
Der Leichnam von Urias, dem Berg der Rabenbucht war geborgen, seine Seele aus dem Dunkel der Hexerhöhle befreit. Behutsam bahrte Paladin Khan den toten Körper vor dem Langhaus auf, während sein Freund Sir Kinsbane zu den Dorfbewohnern sprach:
„Unser Ziel haben wir hier nicht erreicht — Derkan Staubflügel hat nichts hinterlassen was uns hilft. Aber wir können einem Helden des Reiches endlich die letzte Ehre erweisen.“
Nachdem die Wasserkrebse besiegt waren, sahen wir einander an. Calar erst einmal sich selber. Da hatte ihm sein Gott einen Streich gespielt. Das sein Spruch „Das Meer gibt, das Meer nimmt“ fast seinen zu frühen Tod gebracht hätte, muss ihm schlagartig bewusst geworden sein.
Jedenfalls plädierte er mit etwas zittriger Stimme dafür, dass wir uns erst einmal ins Freie zurückziehen sollten, um zu Kräften zu kommen. Da das vernünftig klang und ich ebenfalls angeschlagen war, nickte ich zustimmend. Auch Fergus hatte schon mal besser ausgesehen und eine deftige Mahlzeit war ihm sichtlich auch lieber als herumstreunende Untote mit Motten im Mund.
Die Diskussion dauerte allerdings länger, da Kiirion und Wigand meinten, damit wir hier alles gesichtet haben bevor der Kultritter kommt, sollten wir weiter hier drin bleiben. Unüberhörbare Geräusche schnitten unseren Meinungsaustausch ab, ich schaute um ein, zwei Ecken, was denn nun schon wieder für eine Teufelei sich geäußert hatte und musste feststellen, dass die Motten aus dem Glas, welches der Halbe im Kampf hatte fallen lassen müssen, bereits wieder für Untotennachschub gesorgt hatte.
Sieben fiese Skelette wandelten im Gang zum Ausgang umher und da ich im Schleichen noch nie eine Leuchte war und im Dunkeln schon gar nicht, hatten sie mich bereits endeckt — verdammt! Ich konnte gerade noch den Jungs eine Warnung zurufen, da kamen sie auch bereits auf uns zu. Irgendwer von uns rief von hinten sowas wie „Andersrum zum Ausgang“, jedenfalls hörte ich jemanden wegsprinten und nahm ebenfalls die Beine in die Hand.
Ein Schlag hätte mich sicher bereits dahingerafft und den anderen Verletzten wäre es bei der Übermacht auch schlecht ergangen. Irgendwas muss bei der Flucht schief gelaufen sein, denn vor mir lief nur Calar und normalerweise bin ich ja nicht gerade der Reaktionsschnellste. Also blieb ich im Parallelgang zum Ausgang erst einmal stehen um zu schauen, wo der Rest blieb und schwupp rannten Kiirion und Wigand an mir vorbei.
Nur den Halben konnte ich nicht entdecken und schon kamen die Skelette um die Ecke. Ich konnte nicht länger warten und lief den anderen hinterher hinaus ins Freie. Dort ging gerade die Sonne auf, ein bizarres Naturschauspiel nach der Hexerei und Dunkelheit dort drinnen. In meiner Seele allerdings war keine Sonne, ich frug hektisch ob jemand Fergus gesehen habe aber niemand wusste, wo er geblieben war. Es blieb nur die Hoffnung, dass er sich irgendwo hatte verstecken können. Calar wollte ins Dorf, um seine Vorräte für Verbände aufzufrischen, da kam ich gerne mit.
Die Wachen am Turm waren froh uns zu sehen, machten bei der Verletzung Calars aber doch große Augen und noch größere als wir erzählten, was wir erlebt hatten. Sie waren sehr nett und besorgten Calar alles Notwendige, so dass wir schnell zu den anderen zurückkehren konnten. Den Tag ruhten wir uns aus, während Kiirion darauf achtete, dass von drinnen nichts heraus kam, was da nicht hingehörte.
Frisch gestärkt und dank Calar auch frisch verbunden entschieden wir, wieder hinein zu gehen, um Fergus zu finden und den Rest anzusehen, irgendwo mussten doch Hinweise auf „Urias der Berg“ sein!
Der Versuch, sich vorsichtig durch die Gänge zu bewegen misslang leider, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als die Untoten im Kampf zu besiegen. Das gelang dank einiger Blattschüsse der Elben und einer passablen ersten Reihe mit Wigand und mir ohne größere Verletzungen. Mitten im Kampf tauchte auch unser vermisster Fergus wieder auf, sah allerdings nach einem Schlag eines Untoten nun auch nicht mehr viel anders aus, armer Junge!
Daher wollten wir uns eigenlich nach draußen begeben um uns von dieser Schlacht zu erholen. Kaum draußen hingelegt weckte Wiegand uns, da der Kultritter Kinsbane im Anmarsch sei und so mussten wir flugs wieder rein und liefen schnurstracks in den kleinen Raum mit Loch in der Decke und dem Raum oben, wo wir die Gläser mit Motten entdeckt hatten. Fergus hatte uns bereits von einer großen Halle am Ende des Flures berichtet. Nun nahmen wir sie selber in Augenschein.
Neben einer großen weiblichen Statue eines dieser fiesen Götter fanden wir auf einem Altar die sterblichen Überreste vom „Urias der Berg“. Er war also tatsächlich hier zu Tode gekommen. Ich konnte mir noch sein Schwert sichern, welches laut Fergus magisch ist. Ich war sehr stolz, ein Schwert eines solchen Helden zu tragen wenn mich auch sehr betrübte, dass dieser Held hier anscheinend dem Hexer Derkas Staubflügel unterlegen gewesen war.
Calar und Fergus durchsuchten die drei Kisten und Calar steckte nach dem Lesen einige Schriftrollen ein und sagte etwas von Abhandlungen über Seelen. Keine Ahnung, irgendein religiöser Kram anscheinend. Jedenfalls verbrannte er eine Rolle mit den Worten „Hexerei“, die der Halbe gelesen hatte und um eine weitere gab es Diskussionen. Keine Ahnung, anscheinend ist Schrift auch nicht so eindeutig, wie mir der Schiffsjunge immer erzählt hatte, der lesen konnte. In den Klamotten fand sich außer ein paar Kupferstücke nichts, was man noch hätte gebrauchen können, so dass wir eigentlich ziemlich ratlos waren.
Dann kam mit lauten Getöse der Kultritter Kinsbane mit seinem Knappen Oeric, der Magierin Nemise Mephista und dem Paladin Sir Khan. Während der Paladin uns zeigte, wie man dieser bösen Statue die Fiesheiten austreibt sprach der Kultritter von oben herab als wenn er hier alles vollbracht hätte. Allerdings schien auch er etwas ratlos, was mich doch ein wenig freute. Nachdem Einhelligkeit herrschte, dass Urias der Berg hier im Ort begraben werden sollte, fanden Fergus und die Magierin noch heraus, dass in der einen Kiste mit den Glasflaschen eine Honig enthielt der nur aus Bataar stammen konnte, weil der statt süß sauer war. Muss ein komischer Kontinent sein, wo sogar der Honig nicht schmeckte!
Jedenfalls gingen Kultritter und Gefolge während Wigand in aller Ruhe seine Laterne nahm, sie anzündete und zur Decke hielt. Während mir der Atem stockte sahen wir einen Sternenhimmel an der Decke, fast wie auf dem Elbenschiff in Gornemünde! Calar zeichnete die Sternenstellung ab während Wigand vermutete, dass die Sternenstellung derer auf Bataar entsprechen müsste. Allerdings konnte Calar uns erklären, dass die Sternstellung dafür sorgt, dass der Erzengel Drekon die Seelen der Toten von hier nicht abholen könne.
„Schau was ich gefunden habe Ahn!“
Die kleine Miral setzte sich auf seine knochigen Knie und reckte ihren Fund in die Höhe: Über das Palmblatt krabbelte langsam und bedächtig eine fast ausgewachsene Raupe.
„Hervorragend Miral!“ lobte er das Mädchen bedächtig. „Und, weisst Du auch was für eine Raupe das ist?“
Nachdenklich besah sich die Kleine das Tier. „Sie hat zwanzig Beine, und ihre Haut ist fast schon grau. Dafür hat sie aber grüne Fühler und Augen die wie kleine rote Beeren aussehen. Und schau, untenrum ist sie auch ganz grün.…“
Seine Gedanken schweiften ab, während Miral immer noch weiter die Merkmale der Raupe aufzählten. Manchmal fiel es ihm schwer den Kleinen länger zuzuhören, sie waren einfach zu … hastig für ihn.
…und dann ist da noch dieses Zeichen hier auf dem Rücken, sie sieht genauso aus wie Du Ahn. Es ist ganz sicher ein Schädelspinner, richtig?“
Zufrieden blickte er das Mädchen an. Was war sie, seine Urenkelin? Nein, eher deren Enkeltochter. Seit seiner Verwandlung fiel es ihm zunehmend schwer, die Generationen auseinanderzuhalten.
„Ja Miral, es ist ein Schädelspinner. Und nun lauf, und zeige die Raupe Deiner Mutter, Dein alter Ahn Derkan hat noch zu tun.“
Lachend und aufgeregt sprang das Mädchen von seinem Schoß und lief los. Kurz drehte sie sich um und winkte Derkan Staubflügel und den anderen Urahnen zu, bevor sie endgültig die Höhle der Mumien verliess…
Da standen wir nun vor dem Eingang zur Höhle, die einst Urias der Berg (und neben ihm sicherlich diverse andere Mutige oder Waghalsige) betreten hatte, um Staubflügel, dem Hexer des Mottenklans ein Ende zu bereiten. Es war die einzige Spur die wir hatten. Wenn wir umso wichtiger, dass wir hier voranschreiten.
Wohl war mir nicht bei der Sache. Immerhin hatten die Einheimischen uns nach ihrem Test passieren lassen und den Höhleneingang freigegeben. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob und warum sie uns als würdig erachteten. Zugegeben, am nötigen Mut mangelt es unserer Gruppe im Wesentlichen sicherlich nicht. Aber wenn ich jetzt so in die Augen meiner Begleiter blicke, kommen mir hier und da Zweifel. Die Elben würden es nie zugeben, wenn sie ein Gefühl wie Angst spüren würden, sie versprühen Zuversicht durch und durch.
Ich kann mir hier keine Blöße geben. Wenn ich es je zu etwas bringen will und zu Ansehen im Kreise der Zauberkundigen gelangen will, dann muss ich hier mit Erfolg durchgehen, koste es, was es wolle. So lasse ich mir meine Furcht nicht anmerken und steige hinab ins Dunkle, mit den wenigen Kräften, die ich habe…
Die dunklen Gänge verströmen Unheil. Die wiederkehrend heisere Stimme, die uns zu erwarten scheint ist kratzig und hallend durch die Gänge zu vernehmen und trägt ihren Teil zu meinem Unwohlsein dazu. Ich weiß nicht, ob es töricht oder klug war, unser Kommen lauthals durch die Gänge zu posaunen, aber wer auch immer uns erwartete, schien nun seine Horden untoter Wächter auf uns zu hetzen. Eine handvoll Motten flog nahezu unbemerkt durch die Gänge, um die Gefallenen und Reste der Gebeine zu untotem Leben zu erwecken, mit dem unmissverständlichen Auftrag versehen, uns zu vernichten.
Meine Gefährten schienen aus allen Richtungen Unheil zu vernehmen, so dass auch ich loseilte, um Ihnen bei Seite zu stehen. Ein Haufen toter Gebeine erwachte auf unnatürliche Art zu unheiligem Leben und ich konnte, Nomakon sei Dank, ein Feuer entfachen, um das Schlimmste abzuwenden! Teuflisch! Die Mächte des Unlebens sind gefährlicher und schneller, als ich erahnte! Ich konnte der fauligen Pranke nicht mehr ausweichen, verlor das Bewusstsein und ging zu Boden.
Erst später erwachte ich und musste mit Erschrecken feststellen, dass sich unser Vorgehen als verhängnisvoll erwiesen hatte! An zu vielen Schauplätzen hatte das Unleben sein Schandwerk gegen uns gerichtet! Meine Freunde sahen geschwächt aus und zu allem Übel nahte ein Troll heran, der in seinen Händen einen Holzkäfig zu tragen schien, in dessen Inneren ein lebendiger Schädel mit fahler Stimme sein Kommando vergab.
Nein, es ist falsch! Er ist der einzige, der uns vielleicht Antworten auf unsere Fragen geben könnte!! So dachte ich jedenfalls und sprang noch hervor, um im selben Schritt den Schwung aus meinem Lauf zu nehmen, als ich die entschiedenen Blicke meiner Freunde erkannte, die mir sagten, dass sie dem unheilvollen Kommandeur und jeglichem weiteren untotem Dasein ein für alle Mal das falsche Leben aushauchen wollten! Knirschend und krachend konnte ich den Schädel zerbersten sehen und der Spuk nahm vorübergehend sein Ende.
Zum Glück konnten wir weiteren Gläsern, in denen gezüchtete Todesmotten aufbewahrt wurden, habhaft werden. Leider ließ ich im Eifer des Gefechtes unachtsam eines der Gläser fallen so dass eine handvoll Motten im Dunkel der Gänge verschwand. Zu dumm, dass einer meiner Gefährten unachtsam in dem unterirdischen Gewässer übergroße Krebse aufschrecken musste, die uns prompt angriffen.
Mir ist gewiss, dass wir hier noch auf weitere Untote treffen werden! Wir werden allerdings entschieden gegen alles Unleben vorgehen, bis die letzte Gefahr beseitigt werden konnte! Danach werden wir hoffentlich Spuren und Anhaltspunkte von Urias oder dem unheilvollen Hexer finden… Die Frage ist nur, ob wir uns nunmehr eine Rast gönnen oder gleich voranschreiten werden. Wie ich die Elfen kenne, dürte die Entscheidung allerdings bereits gefallen sein.
Unwirsch zog er den Mantel enger um sich. Der verfluchte Regen setzte ihm ziemlich zu, und das Ziehen in seinem Rücken sagte ihm, dass sich das Wetter wohl so bald auch nicht ändern würde.
„Was solls“, dachte er sich, „heute wird die Jagd endlich ein Ende haben.“ Schon seit mehreren Monaten verfolgte er nun schon die Spur dieses Hexers. Die letzten drei von ihnen fast ohne Schlaf und ohne wirkliche Rast. Bis auf gestern — die Fischer waren zwar Heiden, aber wenigstens freundlich. Und vielleicht würden sie sogar ihr Versprechen halten…
Grimmig starrte er auf den Eingang vor sich. Aus den Tunneln konnte er leise einen unheimlichen Gesang vernehmen. Ein letztes Mal überprüfte er seine Ausrüstung. Den schützenden Ledermantel. Das heilige Schwert an seiner Hüfte. Den Beutel mit Salz und Schrot.
Seine Hand umschloss fest den Stab den er von dem alten Druiden vor Kiraz erhalten hatte. Heute würde die Jagd enden, so oder so.
„Hörst Du Staubflügel? Heute bist Du fällig!“ Noch ein tiefer Atemzug, dann betrat der Mann den sie den Berg nannten entschlossen die Höhle..
In Catar konnten wir nicht mehr viel ausrichten. Meine Gefährten hatten bereits alle Informationen eingeholt, die wir für die Suche nach dem Erbe des Hexenjägers Urias brauchten.
Wir hatten zwei Spuren. Zum einen führen Spuren auf die ferne Inser Batar und zum anderen sei Urias Grab in der „Rabenbucht“ im ehemaligen Talora zu finden. Die Entscheidung in die Rabenbucht zu gehen war klar, wenn auch Wigand anfängt, kein Interesse mehr an unseren Zielen zu haben und ständig von abstrusen Reisezielen redet. Wahrscheinlich ist es eine Eigenart der Menschen, sich nicht auf ein Ziel konzentrieren zu können und schnell die Lust zu verlieren.
Wie schwere Wolken am Horizont hängt uns die Gewissheit hinterher, dass uns unsere Spuren wohl nach Batar führen werden, aber jetzt wollen wir erst einmal nach Talora.
Calar und Wigand erkundigten sich bei Hafenmeister und ansässigen Fischern nach der Rabenbucht, während Fergus und ich einmal den Markt absuchten, nach Händlern aus dem fernen Norden.
Wir stießen auf Ziegenzüchter, die trotz eines wohl hervorragend laufenden Geschäfts keinen Begleitschutz für die Rückreise haben wollten.
Die Straße nach Norden wäre also ein sicherer Weg.
Fergus und ich kamen noch etwas herum und trafen letztlich auf einen Dragohändler, der uns über die Rabenbucht erzählte. Er wusste uns zwar nicht neues zu erzählen, konnte uns aber mitteilen, dass ein Sir Kinsbane auch bei ihm nach der Rabenbucht gefragt hätte und dass dieser nun über den Landweg Richtung Norden unterwegs sei.
Da wir ja um die Gefühle einiger Mitstreiter wissen, entschieden wir uns letztlich für ein gechartertes Fischerboot, das uns nach Talora bringen sollte, da wir auf jeden Fall vor Sir Kinsbane dort ankommen wollten. Die Schiffsreise selbst war unaufregend und nach ein paar Tagen hatten wir die Küste der Rabenbucht erreicht.
Die Fischer ließen uns ein paar Meilen weiter an Land gehen, da sie nicht direkt vor Ort anlanden konnten, aber ein paar Meilen Fußweg würden uns ganz gut tun.
Wir übernachteten im Wald und stiegen am nächsten Tag in die Bucht hinab. Die Bucht war offenbar durch einen kruden aber dennoch undurchdringlichen Zaun geteilt. Hinter den Zaun lag eine Höhle in den Klippen.
Das Dorf dort unten hieß „Urias Wacht“. Hier waren wir also offensichtlich richtig. Wir schauten uns dort um und stellten fest, dass die Bewohner sehr gastfreundlich und hilfsbereit waren.
Wie wir erfuhren, wurde dieses Dorf damals auf Bitten Urias‘ selbst hier her umgezogen. Vorher war das Dorf im Landesinneren ansässig. Urias hatte den Bewohnern das Versprechen abgerungen, niemanden jemals in diese Höhle zu lassen.
Dass sie es mit diesem Versprechen nicht so genau nahmen, konnte man an Reliquien erkennen, die sich an den Wänden des Langhauses des Dorfes befanden.
Speere, Schilde und Rüstungen gefallener Helden fanden sich dort.
Natürlich sagten wir, dass auch wir in die Höhle gehen wollten, was die Bewohner aber stetig verneinten. Sie wollten uns auf jeden Fall nicht in die Höhle lassen, koste es was es wolle. Selbst auf unsere Ausführungen hin, dass bald ein Sir Kinsbane hier auftauchen würde, der sich seinen Weg zur Not mit Waffengewalt verschaffen würde, überzeugte die Bewohner nicht.
Natürlich können wir keine Dorfbewohner aus ihren Häusern treiben und die Hütten niederbrennen, nur um uns Zugang zu einer alten Höhle zu verschaffen.
Also schlichen wir uns in der Nacht zu einem Boot, führen um den Zaun herum und kamen so zu dem Höhleneingang. Wigand, der sich immer mehr als Sturkopf entpuppt, wollte par tout nicht mitkommen. Wozu hatte er denn dann diese Reise überhaupt unternommen? Er blieb also zurück und der Gram meiner Freunde auf ihn wuchs ein weiteres Stückchen mehr. Wir gelangten also an den Höhleneingang, wo wir einen frisch gepackten Rucksack vorfanden. Seil, Fackeln, Proviant… nur kein Besitzer.
Wir fragten uns gerade noch, wer den Rucksack hier verloren haben könnte, und ob Sir Kinsbane uns eventuell doch zuvor gekommen war, da schlenderte Wigand heran.
Die Sturköpfigkeit der Bewohner sei Teil einer Probe, ob wir denn würdig seien. Hmmm… ich frage mich, ob Wigands Sturköpfigkeit auch irgendeine Probe darstellt. Wie dem auch sei. Auf Geheiß der Bewohner kam er mit in die Höhle, während er auch uns, seine Freunde, nicht hören wollte.
Das war schon seltsam genug, doch dann hörten wir plötzlich eine Stimme:“ Wer.. ist.. daa.…?“
22
Feb
„Ist da wer?“
Der Ruf hallt durch die modrigen Gänge und Kammern.
„Ich höre Euch doch! Kommt her…“
Doch niemand kommt. Es bleibt dunkel und kalt und nass. Nicht dass er die Kälte oder die Feuchtigkeit in der Luft spüren würde. Schon lange nicht mehr. Wie lange ist es her, dass er zuletzt etwas gefühlt hatte? Hatte er überhaupt irgendwann einmal etwas gefühlt? Er erinnert sich nicht mehr.
„Wer ist da?“
Immer noch niemand. Doch nur der Wind. Oder etwas Seewasser, dass eingedrungen ist. Aber sicher, irgendwann wird jemand kommen…
Frühsommer, Jahr 258 des Lichtes, immernoch im Messerhaus in Catar
Jonas der Anführer der Elbischen Händlerabenteurer in Catar, hatte nicht zuviel versprochen. In einer guten Geschichte erzählte er uns vom Schicksal der Wellenschlag als Truppentransporter von Catar nach Myrandia während des Befreiungskrieges. In den Wirren des Krieges soll sie dann gegen 1 d.L. irgendwo vor Myrandia von Or-Koris geholt worden sein.
Wahrscheinlich kam uns das Ganze nicht vor, aber zuerst wollten wir weitere Informationen sammeln. Er versprach uns eine Belohnung, sollten wir Informationen darüber finden, wie die Untoten und Hexer auf das Schiff gekommen seien.
Peter Sorgus, der junge Magus in der Akademie-Bibliothek, wusste wiederum zu berichten, dass der Motten-Klan seit dem Befreiungskrieg ausgestorben oder zumindest verschwunden sei. Das letzte Lebenszeichen war ein Steckbrief für Derkan Staubflügel aus ca 2 d.L. Die Runen auf dem Stein deckten sich wohl mit welchen, die auch der Rabenklan benutzte…
Wirklich weiter kamen wir hier also auch nicht, und so beschlossen wir, uns mit der Inquisition, den Hexenjägern einzulassen. Während Fergus und ich weit weg von Or-Koris in der Bibliothek waren, hatte Or-Koris allerdings bei dem Rest der Gruppe noch eine Information angespült. Ein Seefahrer aus dem fernen Bataar hatte der Gruppe einen Talisman gezeigt, welcher gegen Untote helfen sollte und ganz offensichtlich ein Mottenzeichen trug. Bei den Hexenjägern in Rilos-Tempel konnte man uns erst einmal damit überraschen, dass man schon alles wusste, was wir sowohl in Gornemünde wie auch in Catar unternommen hatten.
Wahrhaftig unauffällige Gesellen müssen das sein, wenn sie den Augen von zwei Elben entgehen konnten! Der Hexenjäger, der uns ampfing konnte uns noch berichten, dass der Hexenjäger der um die Zeitenwende den Mottenklan fast eigenhändig ausgerottet hatte der legendäre „Urias der Berg“ war. Alle bis auf einen Hexer, nämlich den auf dem Steckbrief genannten Staubflügel, hatte er zur Stecke gebracht. Seine Erfahrungen hatte er in den Jahren vor den Befreiungskriegen bis 14 d.L. getätigt, und eine Abschrift seines Tagebuchs bekamen wir auch ausgehändigt. Leider war der Hexenjäger, wie viele seiner Zunft, äußerst vorsichtig und voller Misstrauen: Das Buch, welches er im Tempel abgeliefert hatte bevor er auf eine letzte Reise in die Hexerreiche zur Rabenbucht gegangen war, von der er nie wiederkehrte, war größtenteils kodiert und das Schlüsselwort unbekannt.
Wir bekamen eine Liste der schon ausprobierten Worte und den Segen Elegils mit auf den Weg und dann liess man uns damit wieder hinaus. Wirklich schlauer waren wir damit nicht, aber langsam schienen sich die Vorgänge zumindest leicht aus dem Nebel der Vergangenheit zu erheben. Hoffentlich würden sich die Dinge nicht als Sandbank entpuppen!
Unser letzter Anlaufpunkt war der Kult der (gottlosen) Neun Altare. Dort trafen wir zu unserer Überraschung auf Sir Kinsbane, der uns ja schon in Gornemünde begegnet war. Wir wollten uns mit ihm austauschen, um dafür zu sorgen, dass den Hexern auf jeden Fall das Handwerk gelegt werden würde, aber besonders informativ war die Unterhaltung nicht. Einzig das 900 Soldaten unter Admiral Mintelberg auf den Schiffen waren, war uns neu. Überraschend war für uns, dass wir danach das Gefühl hatten, von den Gefährten dieses Ritters verfolgt zu werden. Wohin das führen wird, werden wir sehen.
Ein weiterer Besuch in der Bibliothek zeigte und nur eine unbekannte Rune, welche wohl keine Hexer-Rune war, Details konnten wir aber erst am nächsten Tag mit Peter klären, da dieser schon Feierabend gemacht hatte.
Überraschenderweise war die Rune eine cibolanische zur Navigation!
Am folgenden Tag liess sich ansonsten nicht mehr viel klären, bis wir auf die Idee kamen, den Feuersteindolch und die Münzen, welche wir auf dem Schiff gefunden hatten auch noch zu untersuchen. Und tatsächlich, die Münzen stellten Geros Sixtaris dar, den cibolanischen Entdecker der Südsee, und waren auf jeden Fall nach 10 d.L geprägt worden. Damit musste das Schiff noch Jahre nach seinem angeblichen Untergang in Gebrauch von Cibolanern gewesen sein. Nur wo war es so lange gewesen?
Rabenbucht oder Bataar sind nun unsere einzigen verbliebenden Anhaltspunkte…
Die Wellenschlag sollte der Stolz der Callopiera-Sippe sein. Shardus Callopiera, der Patron wollte seinen vielen Kindern, Neffen und Nichten ein Zuhause auch auf dem Giftigen Meer bieten.
Zwei seiner Söhne wurden in der Zeit zwischen Kiellegung und Stapellauf erwachsen, so gewaltig wurde das neue Heim. Über zwei Rümpfen aus Holz und Schaum spannte sich die große Plattform. Zuerst war sie nichts weiter als eine Ödnis aus gezimmertem Holz, doch schon nach der ersten Überfahrt begann der neue Heimwald auf ihr zu wachsen. Die Callopieras wollten überall auf den Meeren Zuhause sein, und so bestand ihr Heimwald auch aus den verschiedensten Pflanzen und Tieren.
Zwei der kurzen Menschenleben später galt die Wellenschlag als einer der schönsten Handelsriesen, und sie war sicherlich der größte von ihnen. Anders als die meisten ihrer Art war sie jedoch schwerfällig und vergleichsweise langsam. Es brauchte lange bis sie in irgendeine Richtung Fahrt aufnahm, und ihre Patrone hatten Mühe den Kurs kurzfristig zu ändern.
Die beiden Begleitschiffe Schaumkrone und Untiefe wurden stets von den zwei ältesten Söhnen des jeweiligen Patrons befehligt. Mit ihnen wurden die Häfen der verschiedenen Siedlungen angefahren, während die Wellenschlag langsam weiter auf ihrem eigenen Kurs trieb.
Es heisst, der letzte bekannte Patron der Callopieras, Digaroff Callopiera sei ein ausgemachter Menschenfreund gewesen. Und entgegen der sonstigen Gepflogenheiten der Händlerabenteurer ergriff er sogar am Ende sogar für einige von ihnen Partei: Es war am Ende des Unabhänigkeitskrieges, als Digaroff sogar den Cibolanern erlaubte einige Truppenverbände auf der Wellenschlag zu transportieren. Ganze 100 Neunergruppen sollten von Catar nach Myrandia verschifft werden, um dort in der letzten Schlacht gegen den Propheten und seine Truppen zu kämpfen.
Dies war das letzte Mal, dass man die Wellenschlag sah. Wir Händlerabenteurer glauben, dass sie beim Fall von Myrandia mit zerstört wurde. Es ist eine bittere Lektion für alle von uns: Wer sich in die Belange der Sterblichen einmischt, gerät in die Sterblichkeit…
Frühsommer, Jahr 258 des Lichtes, im Messerhaus in Catar
Ich habe Gornemünde und das Meer hinter mir gelassen. 100%ig wohl fühle ich mich damit nicht, aber immerhin ist der Gorn ja auch ein großer Pfad zu Or-Koris.
Nachdem uns vom Sieg über die Untoten auf der Kaufmannsinsel berichtet wurde, sahen wir uns noch ein wenig um, ob unsere Hilfe dort benötigt werden würde. Dies schien nicht der Fall, und das Tragen von Steinen und Balken sahen wir nicht als unser Schicksal an. Auch in der Festung der sieben Magiere war man zwar damit beschäftigt, die Hexerrunen des magischen Stein zu entziffern, benötigte aber über unseren Hinweis auf die Motten hinaus auch keine Unterstützung. Weiterlesen