Szene IV — Fünf gegen Myrandia
Es tut nicht weh, durch ein magisches Portal zu treten. Aber es verwirrt total.
Ich konnte gerade noch irgendwie meinen Geist klären, da hörte ich auch schon die Salve!
Irgendwo in diesem Raum stand eine Gruppe Zwerge, alle in cibolanischer Rüstung, mit rauchenden Gewehren im Anschlag. Ein kurzer Blick zurück beruhigte mich. Keiner wurde ernsthaft getroffen, alle meine Freunde waren noch am Leben.
Hurogs Konstitution schien ihn am schnellsten wieder handlungsfähig zu machen: Mit einem Siegesschrei rammte er den Metallstab in die Mitte des Sternenornaments. Eigentlich hätte keiner von uns von dem folgendem Lichtblitz überrascht sein sollen, wurde er doch in dem vermaledeiten Tagebuch erwähnt.
Tatsächlich hatten wir das aber alle in der Aufregung vergessen. Eine Minute lang tanzten bunte Sterne vor meinen Augen, obwohl es sich eher wie Stunden anfühlte.
Irgendwie schafften Hurog und ich es, die Zwergenwachen im Nahkampf zu verwickeln, Ich hörte Thassilo mehrere Schüsse mit den Schrotbüchsen abgeben,und irgendwie schafften wir es sogar, einige der Wachen umzubringen. Da gellte Thassilos Ruf durch den Schrein:
„Da ist Kellanwed!“
Zusammen mit Hauptmann Kalaamn und einer Leibwache betrat der Anführer der cibolanischen Streitmacht den Raum. Ich war immer noch geblendet, aber er muss ganz schön entsetzt dreingeschaut haben: Aus den Altären entwich die Magie, sammelte sich in der Mitte des Raumes. Langsam schloss sich die Quelle seinerMacht…
Wütend griff Kellanwed in den Kampf ein. „Ihr werdet diese Verrücktheit bereuen!“
Auch seine Gefolgsleute griffen uns an, wären die meisten von uns nicht im wahrsten Sinne des Wortes so verblendet gewesen, hätten wir vielleicht aufgegeben.
Aber so kämpften wir mit blinder Wut weiter, bis uns auf einmal ein Wunder zur Hilfe kam:
Mit einem weiteren Lichtblitz wurden wir, wie uns Drakkhar später sagte, in das Iinnere eines Reisephänomens transportiert!
Langsam kehrte auch meine Sicht zurück, und ich konnte endlich unsere Gegner sehen. Ein weiterer cibolanischer Zwerg sank tot zu Boden, fiel durch das weisse Irrlichtern des Reisepänomens hindurch und war verschwunden.
Irgendwie gelang es endlich Drakkhar Hauptmann Kalaamn zu töten. Triumphierend hielt er sein Rapier hoch. Endlich hat der den Blutschwur, den er den Zwergen gegeben hatte, eingelöst!
Währenddessen tobte der Kampf weiter, ungeachtet der seltsamen weissen Lichtblase in der sich alle befanden.
Kellanwed ergriff sein dunkles Gegenstück zu meinem Flammenschwert, eine schwarz schimmernde Sense, und ging zum Angriff über. Während er mit Hurog und Thuran beschäftigt war, sah ich, dass der Champion sich auf Thassilo zubewegte!
„Lass meinen Bruder in Ruhe“ schrie ich und warf mich ihm in denWeg. Das war zwar heldenhaft, aber auch etwas dämlich. Wahrscheinlich hätte derKleine ihm auch irgendwie ausweichen können, und ich fand mich nun einem wirklich wehrhaften und erfahrenem Waffenmeister gegenüber. Mit meiner Deckung machte er kurzen Prozess, und ehe ich auch nur einen einzigen Streich machen konnte, blutete ich aus mehreren Wunden. Meine Glücksbringeramulette waren wohl das einzige, was mich hier vor dem Tod bewahrte.
Zum Glück kam mir Thuran (oder war es Hurog?) schnell zur Hilfe, und der Kerl ließ vorerst von mir ab. Ich hingegen ließ es mir nicht nehmen Kellanwed persönlich anzugreifen.
Das war der Mann, der meine Schwester verhext hatte, der seine Armee in mein Land hat einfallen lassen. Voller Zorn hieb ich auf ihn ein.
Der Kampf dauerte wohl weniger als zwei Minuten, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Die Gegner wechselten immer wieder, meine Glücksbringer waren alle zerstört, ich kämpfte um überhaupt auf den Beinen zu bleiben, Hurog blutete aus mehreren Wunden und schließlich…
…schließlich hieb Thuran, ausgerechnet Thuran, unser Heiler, Kellanwed mit einem einzigen Schlag beide Beine ab!
Cibolas Heerführer und Hexenmeister hatte einen ungläubigen Gesichtsausdruck, als er zu Boden sank. Und als ob es göttliche Fügung sei, entließ uns in diesem Moment auch das Reisephänomen aus seinen Fängen.
Verletzt, abgekämpft, aber siegreich landeten wir auf einem verwilderten Acker, wer weiß wo…