Epilog
Der Palast von Catar war noch nie so aufwändig geschmückt. Die ganze Stadt schien sich fein gemacht zu haben, doch der Thronsaal war mit Sicherheit das Glanzstück. Vom kleinsten Ritter aus Bachfurt über alles was Rang und Namen hatte bis zu den Fürsten selber hatte sich ganz Catara versammelt. Erestil Ar, der Botschafter der Elben stand einträchtig neben seinen Kollegen Koppler von den Zwergen und Rassk von den Dragos. Graf Verheyen tuscheln ein wenig mit Sir Perraine von Jaletar, als ein Raunen durch die Menge ging.
Prinz Gerrit betritt im rot-blauen Mantel der Königsfamilie den Raum. Seine roten Haare sind ordentlich frisiert, und auch von seinem Bart hat er sich getrennt. Hinter ihm folgt Fürst Ottokar Karsat, sein breites Gesicht scheint durch sein Grinsen noch breiter. Fürst Karsat nimmt die neugeschmiedete Krone von Catara auf, und dreht sich, nachdem er nochmal den magischen Edelstein bewundert hat, zu Gerrit um. Dieser erhebt Einhalt gebietend die Hand.
„Noch nicht! Erst habe ich einiges zu sagen.
Nicht nur ich, sondern wir alle verdanken die Tatsachen, dass wir jetzt hier beisammen sind, ein paar besonderen Leuten. Viele kennen sie als die Helden von Myrandia, manche kennen sie aus der Zeit davor, manche nennen sie Freunde, und ich darf mich besonders geehrt fühlen, einen von ihnen Bruder zu nennen.
Die Geschichte dieser tapferen Leute, die alles für die Heimat gegeben haben, obwohl sie aus so verschiedenen Völkern stammten, sollte für jeden ein Beispiel sein.
Wie so viele Geschichten begann die ihre in der Knechtschaft. Doch sie sollten auf ihrem Weg in die höchsten Sphären aufsteigen. Als Sklaven in Dalora begegneten sie sich, flohen gemeinsam und konnten bei Felsenheim einen Hexer überwältigen. Keine geringe Tat, doch es sollte erst der Beginn ihrer LEGENDE werden.“
Ein alter Ritter in polierter Paraderüstung mit dem Wappenalter Türme tritt hervor.
„Ich habe die Helden in jenen Tagen kennen gelernt. Sie kamen zu meinem Gut, Bargsteg, mit nichts als den Hemden auf ihren Rücken, doch ihr Blick war klar, und so entlarvten sie eine Verschwörung und eine niederträchtige Handdame. Ich werde sie nicht vergessen!“
„Schon wenig später“, sagt Prinz Gerrit, „lernte ich sie auf Burg Hohefels kennen. Sie führten meinen Mentor, Fürst Karsat, zu einem Sabotagetunnel, doch leider kamen wir zu spät. Dennoch hatte ihre Haltung Eindruck auf den Fürsten gemacht, und er entschied, ihnen einen Chance zu geben. Welch weise Voraussicht, sonst wären sie mit Sicherheit nie soweit gekommen. Er schickte sie nach Immenbeek.“
Ein sich sichtlich fehl am Platze fühlender Mann tritt nach vorne. Er streicht sich die einfache Kleidung glatt und räuspert sich verlegen.
„Burkard Klaus, mein Name. Bürgermeister in Immenbeek bin ich, und ich muss sagen, dass ich damals schon sehr erleichtert war, als diese tapferen Recken in unser Dorf kamen. Zwei der ehemaligen Gefangenen ließen ihr Leben im Wald, gegen die Kobolde. Drekon weinte an dem Tag. Aber die Götter brachten und dann ja Wigand und Thassilo, und damit war klar, dass nichts mehr schief gehen konnte. Selbstbewusst drangen sie erneut in den Wald ein und gingen gegen die Kobolde vor. Sie brachten uns bei uns zu verteidigen und haben den Grundstein unserer erfolgreichen Bürgerwehr gelegt. Dazu konnten sie wohl einen wichtigen Schrein sichern, ohne den sie später nicht nach Myrandia gekommen wären, sagt man. Wir werden sie nicht vergessen!“
Fürst Ottokar Karsat wirft einen Blick in die Menge, der allen klar macht, dass er nichts von seiner Feldherren-Aura verloren hat.„Nach diesem Erfolg wusste ich, dass ich den Helden trauen konnte. Alsogab ich ihnen den brisanten Auftrag, nach Bronzetor zu reisen. Sie haben mich nicht enttäuscht.“
Der alte Zwergenbotschafter reckt sich ein wenig und stellt sich an den Rand des Podiums, auf dem der Thron von Catara steht. „Hm, mir wurde damals als Magistrat recht schnell klar, dass es sich bei diesen Leuten um gänzlich ungewöhnliche Vertreter ihrer Spezies handelte. Zum ersten mal seit Cataras Bestehen brachten uns nicht-Zwerge Überreste und Relikte vergangenen Zeiten zurück. Uns war sofort klar, dass diese besonders selbstlos und ehrenwert waren, weswegen sie zu Freunden der Zwerge ernannt wurden — Magmos hatte nichts auszusetzen! Sie machten mich mit ihrem Scharfblick gleich auf die Bedrohung der Cibolaner aufmerksam, und traten Spionen entgegen, die ansonsten sicher Leid über Catar gebracht hätten, währen ihnen die Konstruktionspläne der Verteidigungsanlagen in die Hände gefallen. “
„Ich habe nur kurz mit den Dienern des Reiches zu tun gehabt“, sagt darauf hin die grazile Erscheinung des Elbenbotschafters. „Sie brachten mich sicher und schnell nach Hohefels, und auch wenn sie mit den folgenden Entwicklungen nichts zu tun hatten, so haben sie doch den Grundstein für die fortwährende Freundschaft unserer Reiche gelegt. Ich werde sie nicht vergessen!“
Fürst Karsat wendet sich erneut an die Menge: „zu diesem Zeitpunkt stand der Krieg mit den Hexerreichen kurz bevor. König EdwardII, die Götter seien ihm gnädig, hatte mich mit der Planung des Feldzugs beauftragt. Ich konnte die Gruppe überreden für mich hinter den Feindeslinien aktiv zu werden. Ich möchte hier nicht auf Details eingehen, aber ihr Einsatz in Eichenweiher war sicherlich Kriegsentscheidend.“
Mit seiner Augenklappe wirkt der Baron immer etwas verwegen, doch das Alter und die Strapazen haben seinen Zügen etwas Milde verliehen. „Zu diesem Zeitpunkt betraten die Helden von Myrandia zum ersten mal gemeinsam Catar. Sie schafften es auf ihre ganz eigene Weise in der Gesellschaft vorstellig zu werden, und der eine oder andere hat sie sicher beim Herbstball in Erinnerung, wo sie in den Stand des Hofknappens erhoben wurden.
Sie erkundeten danach den alten Hexerturm in Seebeck, in dem sie erneut gegen die Kräfte der Dunkelheit obsiegten. Danach zogen sie auf eigene Faust nochmals nach Eichenweiher.“
„Ich bin Graf Verheyen, und habe diese ehrenwerten Herrschaften in Grotting kennengelernt. Sie bewachten dort während politischer Verhandlungen mich und andere Adelige und konnten einen Mörder dingfest machen. Ich verdanke ihnen, dass ich heute hier als Graf vor ihnen Stehen kann. Ich werde sie nicht vergessen!“
Der Dragobotschafter macht Anstalten als nächstes zusprechen. „Drakkahr und seine Begleiter hatten sich schon einen Namen gemacht, als ich durch meine treuen Drago-Händler Gerüchte von feindlichen Schiffen bei Myrandia hörte. Ich verstand es, Drakkahr auf die Fährte anzusetzen, hatte jedoch seine Einsatzbereitschaft unterschätzt. Er und Wigand ließen sich von den Cibolanern gefangen nehmen, in der Hoffnung so noch mehr über ihre Pläne in Erfahrung zu bringen. Ihre Warnungen kamen jedoch zu spät, in seinem Eifer hatte Darin schon zum, wie wir wissen, verhängnisvollen Angriff geblasen und die Flotte dem Untergang zugeführt. Natürlich konnte sich Catar auf seine Drago-Freunde verlassen später in der Not zu helfen, aber das ist eine andere Geschichte…“
Botschafter Koppler bedenkt den Drago mit einemKopfschütteln, und übernimmt. „Da die Zeit jetzt drängte, begaben sich Wigand und seine Gefährten, ohne den ehrenwerten Herrn Birkenau, der den Cibolanern zum Opfer gefallen war, in unser Land, auf der Suche nach einer alten Waffe, mit dem wir schon einmal die Herrschaft der Cibolaner abgeworfen hatten. Das letzte Mitglied der Helden traf hier dazu — Thuran Schildnase. Er begleitete die Gefährten in die alten Hallen von Kiraz, der verlorenen Zwergenstadt, welche seit Ewigkeiten kein Sterblicher mehr betreten hatte. Hier zeigte sich erneut, aus welchem Metall diese Helden geschmiedet waren. Nicht nur erlangten sie die Waffe, sie brachten auch seiner Majestät, König Sturmzinne, Kunde von wichtigen Zwergendingen. Auch wurde hierbei dem Ork Hurog eine Ehre zuteil, wie sie bisher keinem nicht-Zwerg gewährt wurde, und er wurde in einen Clan aufgenommen.“
Sir Perraine, oberster Hexenjäger, hat jetzt auch etwas zusagen. „In die Zivilisation zurückgekehrt, bewiesen die Helden ein weiteres mal, wie sehr sie in der Gunst der Götter standen. Ihre Fürsorge brachte sie auf die Spur eines Hexers, welcher unter der Nase der Akademie seinUnwesen trieb, und brachten diesen von Jaletar geführt in seinem Keller unter der Stadt zu Fall. Niemand konnte jetzt noch Zweifel haben, daß die rechtschaffenen Streiter im Zweifelsfall bereit waren, alles zu geben. Wir werden sie nicht vergessen!“
Ein erneutes Raunen geht durch die Menge, als ein uralter Mann in weißem Gewand das Podium betritt. „Thuran, Hurog, Thassilo, Wigand und Drakkahr hatten etwas auf sich genommen, das sie weiter führte, als sich bisher jemand gewagt hatte — und zumindest haben sie Grenzen überwunden, die vor ihnen kaum jemand übertrat. Dank ihnen kann Druidische Magie wieder in Einheit mit den anderen Kräften der Welt wirken. Diese 5 kamen zu mir, in die alte Stadt Dalheim, die meine Vorgänger aus Angst vor den Cibolanern aus dieserWelt entfernt hatten. Dank ihres Mutes und ihrer Kraft ist Dalheim jetzt zurück, und mit ihr die Druiden. Wir werden sie nicht vergessen!“
Als nächstes tritt eine junge, rothaarige Frau, die eine rote Priesterrobe trägt, nach vorn. „Mein Bruder Wigand und seine Freunde, haben mich aus dem Bann von Kellanved, dem Cibolanischen Heeresführer befreit. Wigands Kraft und Glauben an Eregor brachten ihn dazu, mir zu folgen und dabei die letzten Pläne Cibolas aufzudecken. Er brachte mich zurück nach Catar und er und Drakkahr brachten mich zurück zu Eregor. Wir werden sie nicht Vergessen!“
„Die Informationen aus den Händen von Giselle warenstärkere Argumente, als sie sich ein Orator hätte ausdenken können, und damit konnten Wigand und seine Freunde mich und Fürst Karsat von Frieden überzeugen, auf das wir unsere Truppen und das Reich einen würden, um die Bedrohung durch Cibola abzuwehren. Während wir die Heere sammelten, gelang es den Gefährten mit Hilfe des Kultes“ hier hält Prinz Gerrit kurz ein und nickt Herrn Gornherz, dem Kultrepräsentanten im Thronrat, zu „die letzten Informationen über die alte Waffe zu sammeln und den finalen Schlag vorzubereiten. Schnell und Geschickt und voller Mut wagten sie es den finsteren Heerführer direkt im Zentrum seiner Macht anzugreifen, und ihn in einem epischen Gefecht zu überwältigen. Diese Tat machte sie zu den Helden von Myrandia!
Aber keiner von uns wusste, welchen Preis sie zu zahlen hatten. In einem Reisephänomen gefangen, sollten sie erst 2 Jahre später wieder Heimaterde betreten. Aber was niedere Geister gebrochen hätte, veredelte ihre Willen und ihre Geister nur. Kaum hatten sie erkannt, in welcher Lage sich dasLand befand, machten sie sich auch schon auf den Weg in die Zwergenlande, um ihre Legende noch einmal selber in den Schatten zu stellen.“
Und ein drittes mal übernimmt der Zwergenbotschafter, diesmal mit gerecktem Haupt, das Wort. „Von den Zwergen geleitet, wagten die Helden das unwagbare. Sie stellten sich dem personifizierten Unleben — dem gefallenen Drachen Ankalan dem Schwarzen! Untote Unholde konnten sie nicht aufhalten, und sie entrungen den Tiefen der Erde eine weitere Waffe der zwergischen Vorväter. Der Drachentötende Hammer, der schon Ankalan ein Ende bereitet hatte wurde von ihnen geborgen, und Darin entgegen getragen. Die Zwerge werden diese Helden nie vergessen!“
Prinz Gerrit blickt in die beeindruckten Gesichter Cataras. „Alleine, ohne Unterstützung und ohne ein Heer hinter sich. Nur wahnsinnige würden sich so einem Drachen entgegenstellen. Wahnsinnige — oder wahre Helden! Alleine gegen die Horden des Hexers Ammanas, gegen alles was die Hölle an Dämonengezücht zu bieten hat, und gegen den unwiderstehlichen Drachen — Darin.“
„Welch unvorstellbaren Kräfte bei diesem titanischen Kampf gewütet haben müssen, kann keiner nachvollziehen. Alles was wir wissen, ist,dass der Wiedergänger gefallen ist, und die Helden triumphierten, das Unmögliche möglich gemacht haben. Danach gingen sie, ihre Aufgabe zu vollenden und den Hexer seiner gerechten Strafe zuzuführen. Dass sie Erfolg hatten, das sagt mir mein Gefühl und die Tatsachen, dass wir alle hier heute stehen. In welche Abgründe sie dafür steigen mussten, wage ich mir kaum vorzustellen, und auch nicht was sie dort erwartet hat. Aber auch sie waren doch nur Halblinge, Orks, Zwerge, Dragos und Menschen. Und so haben sie alles, was sie hatten, und viel darüber hinaus gegeben, damit Catara und alles wofür es steht weiter leben kann. Und deswegen bin ich stolz, mich einen Freund dieser Helden nennen zu dürfen.“
Einen solchen Applaus und Jubelsturm hat Catar noch nicht gehört. Die Bürger in den Straßen, die die Rede von Magiern und Sprechern weiter getragen bekamen, stimmen nach kurzer Verzögerung mit ein. Nie wieder würde es solche Helden geben.
Gegen den brausenden Applaus verschafft sich der Prinz erneut Gehör.
„Ein Mann und sei er auch König, kann diese Helden nicht gebührend würdigen, aber ich will es versuchen. Lange habe ich mit demRat und den Botschaftern beraten, und folgendes sei beschlossen.“
„Im Namen von Thuran Schildnase soll die Schildnase-Akademie hier in Catar ihre Pforten öffnen, und Heilkundige aller Völker sollen lernen und sich austauschen.“
„Thassilo der Halbling wäre sicher Stolz zu wissen, dass es ab sofort eine Armenküche in Catar geben wird, die ihresgleichen nicht kennt. Kein Mann in meiner Stadt soll Hunger leiden, und die besten Köche werden dafür sorgen, dass jeder weiß, was gutes Essen ist.“
„Für Orks wie Hurog richten wir zusammen mit den Zwergen ein Stipendium ein. Sein Wissensdurst hat alle die ihn kennengelernt haben eines besseren über die Orks belehrt. Jedes Jahr soll ein Ork voll unterstützt werden, hier alles zu lernen, ob Magie, Schmiedekunst oder Technik, ob Malerei oder Handel.“
„Im Namen von Drakkahr von Ravenstein werde ich persönlich den Grundstein für die erste Kapelle Eregors legen, und hoffe, dass die Hohepriesterin Giselle sie weihen wird. Eregor wie auch das Druidentum sind ab sofort offizielle Religionen Cataras.“
„Und Wigand? Ich habe meinen Bruder leider nie so gut gekannt, wie ich es gerne gewollt hätte, aber jeder weiß von seiner Liebe für das Schauspiel und das Theater. Also habe ich die besten Schreiber beauftragt, die Legende der Drachentöter zu schreiben. Diese Stück soll jeden Tag in derStadt aufgeführt werden, damit ein jeder Bürger des Landes die Gelegenheit hat von diesen vorbildlichen Helden zu erfahren.“
Und nun lasst uns diese Krönung vollziehen, damit das Volk feiern kann, denn dieser Tag soll für immer als Feiertag dieser Helden in die Geschichte eingehen, damit ihr Opfer nie vergessen wird!“
Ein älterer Herr mit markanten Gesichtszügen sieht sich noch einmal im Saal um. Als sich sein Blick mit dem von Lady Alsen trifft, blinzelt er ihr zu. Er reibt sich die Handgelenke, wie in Erinnerungen verloren. Dann nickt er zu niemand bestimmten, und verlässt den Saal über einen Balkon.
Und so findet die Saat des Unheils ihr Ende…