5

Okt

by Carsten

Nachts, wenn ich nicht schla­fen kann, schaue ich aus dem Fens­ter und fan­ta­sie­re über das alte Klos­ter. Die Spie­ge­lun­gen auf dem Meer, das zwi­schen uns liegt, las­sen das reflek­tier­te Ster­nen­licht in mein Zim­mer schei­nen. Wenn es ruhig genug ist, kann ich die Mön­che sin­gen hören. Ihre Gesän­ge wal­len über das Was­ser und lul­len mich, Schlaf­lie­dern gleich, in tie­fe Ruhe. Sel­ten bin ich so von Frie­den erfüllt.

Und den­noch fra­ge ich mich wie etwas, das so fried­fer­tig ist, mich gleich­zei­tig so heim­su­chen kann. Um Mit­ter­nacht stop­pen die Gesän­ge. Die Lam­pen und Lich­ter des Klos­ters ver­lö­schen, bis auf ein ein­sa­mes Leuch­ten am Ein­gang der Kata­kom­ben. Und wäh­rend ich das ein­sa­me Licht beob­ach­te, kann ich die Schat­ten der Mön­che sehen, wie sie in die Tie­fe drän­gen. Und dann steigt ganz lang­sam Unheil in mir auf, als ob die Insel mich rufen würde.

Ich habe hier und da Gesprächs­fet­zen gehört, über die Mön­che, die vor lan­ger Zeit einen Schreck­li­chen Tod gestor­ben sein sol­len. Es heißt, ihre gequäl­ten See­len wur­den in den Kata­kom­ben zur Ruhe gebet­tet, und ihre stand­haf­ten Brü­der ste­hen seit­dem Wache am Ein­gang, jede Nacht. Ich fra­ge mich war­um? Auf was war­ten sie, oder ver­su­chen sie etwas abzu­weh­ren? Sind sie an die Insel gebun­den, so wie ich?

Bei Ele­gil, ob die Mön­che des Kul­tes nicht den Schutz der Göt­ter genossen?

Viel­leicht hat ein zor­ni­ger Gott auf das Klos­ter her­ab­ge­schaut, und der Kult ist gar nicht so mäch­tig, wie behaup­tet wird? Viel­leicht ist es die­se dunk­le Macht, die des Näch­tens an mir nagt und mich nicht schla­fen lässt? Ist das Meer zwi­schen uns genug um mich zu schüt­zen? Ich wün­sche mir manch­mal, ich könn­te ein­fach eine Nacht lang im Gras vor den Kata­kom­ben schla­fen – viel­leicht wür­de das die Visio­nen been­den. Ich muss die Wahr­heit herausfinden

Eli­sa­beth

5

Okt

by Carsten

Magis­ter Olsen                                                                         23.9.239 dL

Mein Freund, Ich weiß nicht, wie ich mit dem Tod von Eve­lin umge­hen soll. So etwas kommt zwar vor, aber ich den­ke, wenn ich nicht auf den Fami­li­en­sitz, so weit weg von jeg­li­cher Zivi­li­sa­ti­on und einem Pries­ter, gezo­gen wäre, hät­te ihr Tod bei Eli­sa­beths Geburt viel­leicht ver­hin­dert wer­den kön­nen? Sie hät­te die Kin­der sicher ger­ne groß wer­den gese­hen. Ich den­ke immer, dass sie viel bes­ser hät­te mit den Flau­sen und Eigen­ar­ten, die die Kin­der in letz­ter Zeit an den Tag legen, umge­hen kön­nen. Eine Mut­ter ist doch ein beru­hi­gen­der Ein­fluss, den ich ein­fach nicht bie­ten kann. Ich wün­sche ich wür­de ihr selt­sa­mes Ver­hal­ten verstehen.

Ich habe einen Brief von Ambro­si­us Inter­nat bekom­men. Er ist hin­aus­ge­wor­fen wor­den. Ich weiß nicht, was ich mit dem Jun­gen noch machen soll. Hof­fent­lich kann ich einen Gelehr­ten fin­den, der hier als Tutor arbei­ten wür­de. Unter mei­ner Obhut hal­ten sich alle Kin­der viel­leicht bes­ser an die Regeln.

Die let­zen sechs Wochen waren grau­en­voll. Die Idee mit dem Tutor war ein Desas­ter. Der arme Mann hat ein­fach mit­ten in der Nacht sei­ne Sachen gepackt und ist weg­ge­gan­gen. Jeg­li­cher Ver­such Dis­zi­plin zu eta­blie­ren ist mit Ambro­si­us völ­lig hoff­nungs­los, und bei den ande­ren Kin­dern auch nicht viel ergie­bi­ger. Das ein­zi­ge was anschlägt ist, ihre eige­nen Inter­es­sen aus­zu­nut­zen. Jedes der Kin­der hat zum Glück etwas, was es inter­es­siert. Es ist viel­leicht noch zu früh mit einer Aus­bil­dung zu begin­nen, aber so sind sie zumin­dest beschäftigt.

Heu­te ist mir klar gewor­den, war­um die Kin­der sich so selt­sam benom­men haben. Jakob kam wei­nend zu mir. Vor ein paar Jah­ren haben sich die Kin­der eines mei­ner Bücher über Hexe­rei bemäch­tigt. Wie soll man ahnen, dass ein klei­ner Jun­ge über­haupt ver­su­chen wür­de einen so tro­cke­nen Text zu lesen? Ich weiß nicht, was sie da genau gele­sen haben, aber es scheint sie mäch­tig ver­stört zu haben. Ihre exzen­tri­schen Anwand­lun­gen sind unter ande­rem dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass sie den­ken, dass sie den Geist der Insel geweckt haben.  Ich bin mir sicher, wenn ich her­aus­fin­de, was die Kin­der getan haben, gibt es eine Lösung.

Ich habe die For­meln des Buches genau­es­tens Stu­diert. Was die Kin­der erzählt haben kann, mei­nem Wis­sen nach, gar nicht vor­kom­men. Selbst ein tat­säch­li­cher Kon­takt mit einem Geist soll­te kei­nen sol­chen Effekt haben. Ich muss Euch bit­ten, mir einen ehren­wer­ten Magi­er zu emp­feh­len, dass er die Kin­der und die Insel unter­sucht. Ich konn­te auch auf der Insel nichts Ver­däch­ti­ges oder Unge­wöhn­li­ches Bemer­ken. Viel­leicht wäre damals noch etwas mög­lich gewe­sen – aber jetzt…

Ich bin der Mei­nung, dass die Stei­ne irgend­ei­ne Art Fokus­punkt sein müs­sen. Viel­leicht gibt es doch einen Grund war­um so vie­le Leu­te von die­ser Regi­on ange­zo­gen bzw. abge­sto­ßen wur­den? Mei­ne eige­ne Fas­zi­na­ti­on was die Stei­ne betrifft, scheint mei­ne Kin­der in die­se Lage gebracht zu haben.

Ich schi­cke den Brief sobald ich Gele­gen­heit habe.                 Isaak von Faust

5

Okt

by Carsten

11.5.237 dL

Ich bin gra­de von den Menhi­ren zurück­ge­kehrt. Was die Erbau­er dazu bewo­gen hat die­se Stei­ne auf die­sem win­dum­weh­ten Eiland auf­zu­stel­len, ist mir ein Rät­sel.  Es scheint, als sei es eine uralte Elfi­sche Kult­stät­te. Ich habe sol­che Stei­ne auch anders­wo schon gese­hen, aber gra­de die­se spre­chen mich beson­ders an. War­um soll­te man alles auf die­se Insel trans­por­tie­ren? War­um nicht ein­fa­cher auf dem Fest­land bleiben?

Ich fin­de es beson­ders ver­wun­der­lich, dass nie jemand aus der Fami­lie Inter­es­se dar­an hat­te, die Geschich­te die­ses Land­strichs bes­ser zu erfor­schen. Viel­leicht soll­te ich mir mal ein paar Wer­ke zule­gen, in denen die­se Sym­bo­le erklärt wer­den. Kann man das Erken­nen von Magie eigent­lich erler­nen? Es soll­te doch so man­chen For­scher inter­es­sie­ren, dass es hier so vie­le Relik­te aus ver­schie­de­nen Zei­ten gibt. Wenn man bedenkt, dass ich seit mei­ner Kind­heit nicht mehr hier war, ist es nicht ver­wun­der­lich, dass sich in letz­ter Zeit nie­mand dar­um geküm­mert hat. Aber jetzt wo ich das Haus ein wenig auf Vor­der­mann gebracht haben und mein Erbe ange­tre­ten habe soll­te ich das ändern. Ich kann mir zwar nicht vor­stel­len, dass es zwi­schen den Jahr­tau­sen­de alten Stei­nen, der Rui­ne des Kult­klos­ters und dem Turm, um den das Haus gebaut wur­de irgend­ei­nen Zusam­men­hang gibt, aber span­nend sind sie alle.

Der Turm ist eine loka­le Legen­de. Angeb­lich ein Hort eines Hexers in ver­gan­ge­nen Zei­ten. Er ist sicher­lich seit dem Kom­men der Cibol­a­ner aus­ge­brannt. Sicher­lich der Grund war­um er ver­schlos­sen war. Viel­leicht haben die Cibol­a­ner nach geta­ner Arbeit hier das Klos­ter errichtet?

Aber auch das Klos­ter ist heut­zu­ta­ge nur eine zer­fal­le­ne Rui­ne. Wie es scheint war es einer der Zurück­hal­ten­de­ren Orden des Kul­tes. Die Ein­hei­mi­schen sagen, dass das Klos­ter schon lan­ge vor dem Fall Cibo­las eine Rui­ne war. Auf jeden Fall ist die Gegend eine wah­re Fund­gru­be für einen Hob­by­for­scher. Viel­leicht neh­me ich die Kin­der mal mit auf die Insel…

Isaak

29

Sep

by Carsten

Lie­ber Tarek, lie­be Freun­de,                                                              13.1.258 dL

das Schick­sal hat es nicht gut mit mir gemeint – aber viel­leicht ist auch nicht das Schick­sal allei­ne am Werk. Mein Weg hat mich zurück in die Hei­mat geführt, nach Gut von Faust. Ich bin schwer erkrankt, an der Fami­li­en­krank­heit, und weiß nicht, ob ich noch lan­ge habe. Din­ge haben sich in mei­ner Abwe­sen­heit getan, selt­sa­me Din­ge. Wahr­schein­lich habe ich es nur mir selbst zuzu­schrei­ben, aber ich habe ver­sucht einen Aus­weg zu fin­den, und bin doch wie­der da wo ich gestar­tet habe… Die Ange­le­gen­heit ist deli­kat, und ich weiß nicht, wie ich sie bewäl­ti­gen soll. Ihr hin­ge­gen habt viel­leicht die Mög­lich­keit – die Mög­lich­keit die mir ver­wehrt blieb. Ich habe lan­ge mit mir gerun­gen, ob ich Frem­de in die­se Fami­li­en­an­ge­le­gen­heit brin­gen soll­te. Ich dach­te ich sei stark genug. Aber offen­bar ist es stär­ker als ich. Ich bin nur noch ein Schat­ten mei­ner selbst, und kann es nicht allei­ne bewäl­ti­gen. Aber ihr, ihr habt mit mir damals alles Bezwun­gen, was sich uns ent­ge­gen­stell­te. Dar­um bit­te ich euch, mir noch ein­mal zu Sei­te zu ste­hen. Kommt zu mei­nem Fami­li­en­sitz. Kommt nach Königs­ha­fen und dann zu mei­nem Gut. Kommt bevor es zu spät ist!

Euer Freund

Jakob

29

Sep

by Carsten

Die fol­gen­den Wochen waren von gemein­sa­mem aus­hei­len der Wun­den, und dann von wei­te­ren Auf­ga­ben gefolgt. Und aus Wochen wur­den Mona­te. Eini­ge Gefähr­ten wur­den aus­ge­tauscht, aber die Flücht­lin­ge von Catar blie­ben zusam­men. Jakob von Faust, euer furcht­lo­ser Anfüh­rer, zog bald wei­ter, immer noch getrie­ben auf der Suche nach einer Beru­fung oder was auch immer. Nach den Ereig­nis­sen mit dem Hexer war er glück­lich, euch Freun­de zu nen­nen und ver­ab­schie­de­te sich mit dem Ver­spre­chen, für euch da zu sein, wenn ihr ihn brau­chen wür­det. Ihm war klar, dass ihr über die Ver­gan­gen­heit nicht reden moch­tet, aber wenn ihr ihn brau­chen wür­det, wür­de er sei­nen Ein­fluss und Namen ger­ne für euch einsetzen.

So wur­den aus Mona­ten Jah­re. Tareks Trupp, wie ihr bald genannt wur­det wur­de bald zu einer fes­ten Grö­ße in den Grenz­landen, selbst wenn der Kampf mit den Hexern das gefähr­lichs­te und auf­re­gends­te Erleb­nis blei­ben soll­te. Aber auch Patrouil­len, Vieh­die­be und Möch­te­gern-Hexer sowie die im gan­zen Reich ange­spann­te Lage, hiel­ten das Leben auf­re­gend. Die Räte hat­ten ent­schie­den kei­nen neu­en König zu bestim­men, die Fürs­ten began­nen ihre Pro­vin­zen auto­no­mer zu regie­ren und trotz allem, oder wegen der guten Arbeit des Rates, blieb das Land fried­lich. Gerüch­te mach­ten die Run­de, dass sich ein Fürst zum König auf­schwin­gen wür­de, und ver­stumm­ten wie­der. Vor­sich­ti­ger Kon­takt wur­de angeb­lich mit den Zwer­gen auf­ge­nom­men, aber das Ver­hält­nis schien gespannt. Ein gro­ßes Stadt­schiff der Elfen wur­de in den Gewäs­sern vor Cata­ra gesich­tet, was alle Händ­ler froh­lo­cken ließ. Und es gab zuneh­men­de Gerüch­te von Kämp­fen im Nor­den, in den Ork­lan­den. Man­cher hielt es, nach ers­ten Berich­ten, für wahr­schein­li­cher, das jemand die Ork­lan­de ver­ei­ni­gen könn­te, als dass Cata­ra wie­der einen König bekä­me. Nach­dem fast fünf Jah­re ver­gan­gen waren, seit jenem schick­sals­haf­ten Tag in Catar, war Tarek der Mei­nung, dass es viel­leicht bald an der Zeit sei, ein­mal die Füh­ler nach Catar aus­zu­stre­cken und zu sehen, ob nicht lang­sam Gras über die Sache gewach­sen war. Aber wäh­rend Tarek sich noch mit dem Gedan­ken anfreun­de­te, erreich­te ihn ein Brief, der offen­sicht­lich schon ein paar Mona­te unter­wegs war. Es schien ein inter­es­san­ter Früh­ling 258 zu werden…